Manege frei für die Kinder

Sie hält die brennenden Fackeln wie einen großen Fächer über dem Kopf. Präsentieren, Bewegen, Zeigen. Das Mädchen strahlt. Anschließend werden zwei andere Kinder die Feuerkessel schwingen. Jetzt ist Rauan dran. Die Zwölfjährige dreht ihre Fackel mit den beiden brennenden Enden sehr vorsichtig, etwas schneller. Die Hände greifen in der Mitte, die Flammen am Rand streben nach oben. Das Kind hat großen Respekt, und: Geschafft! Der Applaus des Publikums belohnt alle, bevor Rudi Felix noch eins draufsetzt: Der Artist des Circus Baldini hatte einen Woche mit den Kindern geübt. Jetzt speit er drei große Feuerbälle in die Kuppel des Zirkuszelts, bevor er im vierten Anlauf das Feuer einfach herunterschluckt.

Tosender Applaus

Tosender Applaus belohnt diese Artisten im 400-Mann-Zelt auf dem Platz des Dauborner Marktes. Die 64 Kinder, die gerade ihre Kunststücke gezeigt haben, sind nicht wiederzuerkennen. Eine Woche lang haben sie im Rahmen des VIDETO-Projektes der Ferienspiele mit einem richtigen Zirkus ihre Aufführungen einstudiert. „Es ist unglaublich, wie sich die Kinder in dieser kurzen Zeit verändert haben, wie stolz sie auf das Geleistete sind. Das sieht man in ihren Augen“, sagt Kay Schmidt.

Gemeinsam mit seiner Frau Anne gehört er zu den Betreuern des TV Dauborn, die das Projekt mit schultern. Die Gemeinde-Jugendpflege, die katholische und die evangelische Kirche sind mit im Boot. Eine Woche wurde geübt, Höhepunkte sind die beiden großen Präsentationen am Schluss: Einmal vor den Dauborner Kindergartenkindern, dann vor allen, die zuschauen wollten, im rappelvollen Zelt. Ein Genuss!

So ist es für einen Zirkus leicht, Publikum zu finden, denn natürlich wollten alle Verwandten die 64 Stars in der Manege sehen. Mehr noch: Etliche Freunde sind dazugekommen, und einige haben sich schon erkundigt, ob das Zirkusprogramm vielleicht noch andernorts möglich wäre. Weilburger und Dornburger wollen das wissen – zum Beispiel.

In Dauborn sind die Artisten zum zweiten Mal zu Gast. „Aber das hat lange gedauert, das letzte Mal war das vor zehn Jahren“, erzählt Charlotte. Die Achtjährige hat nur davon gehört, dass es so etwas schon einmal gegeben hat. Jetzt ist sie auf dem Trapez und würde jederzeit wieder mitmachen. „Nur wahrscheinlich wird es das nächstes Jahr bei den Ferienspielen nicht gleich wieder geben“, bedauert sie.

Vincent (11) und der gleichaltrige Leonardo gehört zu den Akrobaten. Sie fegen durch die Halle, schlagen Räder, machen Kerzen und Brücken – das ist ihm leicht gefallen, meint der Junge. Richtig schwer ist es auf dem Trapez und auf dem Seil – auch das schaffen die Kinder!

Dilara gibt einen Tipp: „Man kann mit Kreide eine Linie auf die Straße malen und üben“. Das hat die Zehnjährige getan, geprobt für den großen Seiltanz-Auftritt. Sarah hatte ein wenig Angst vor dem Trapez. Aber: Ihre Beste Freundin Rauan hat sie unterstützt. „Ich habe gesehen, dass es bei ihr klappt, und dann traue ich mich auch“, sagt die Elfjährige. Rauan ist ein Jahr älter und erklärt ihren Mut so: „Ich habe gedacht, ich schaffe das, ich schaffe das. Und: Mir wird nichts passieren. Genauso war es dann.“

Eine Frage der Motivation

Richtig motiviert haben Zirkusdirektor Rocky Krämer und seine Artisten – sowie die Helfer der Ferienspielaktion, die sehen konnten, wie sich die Kinder im Laufe der Tage entwickelt haben. Bis zum großen Finale: Jetzt stehen sie im Ring, machen als Clowns die schönsten Bilder, verstecken sich hinter dem Rücken des Zirkusdirektors, lassen die Hunde durch die Reifen springen, zeigen im Dunkeln mit leuchtenden Tüchern ihr Können und beweisen auch bei schwierigen Übungen, dass alles geht, wenn man sich traut. Sehr verändert hat sich auch Lina, eine der Kleinsten im Team: Turnen kann sie, das haben alle gesehen. Aber mehr noch: Als Zirkusdirektorin sorgt die Achtjährige dafür, dass jedes Kind den verdienten Applaus bekommt – mit sehr energischen, hingebungsvollen Ansagen, die jedem Zuhörer Spaß machen. Das haben die Kinder geschafft!