Die Lieblingsorte der Kleinen

Spannend ist nicht nur der Festakt im Kurhaus, sondern auch der Plan selbst, denn die Kinder haben sich lange damit beschäftigt, haben ihre Beiträge gesammelt, aber fertig gedruckt haben sie ihn bis heute noch nicht gesehen. Ein Mädchen zeigt auf den Jungen ihr gegenüber: „Keiner kann so eine schöne Friedenstaube wie er“, meint sie, „hoffentlich ist sie auch auf dem Plan“. Gemalt haben die Kinder also auch. Drei Kinder unterhalten sich übers Radfahren, sie erzählen von geheimen Wegen, steilen Abhängen mit ordentlich Hubbeln und einer scharfen Kurve gleich danach oder einem schönen Weg durch Schrebergärten.

Da geht ein Raunen durch den Saal. Der Bürgermeister ist gekommen. Jetzt geht es los. Pressereferentin Catherine Striether, die die Gesamtorganisation übernommen hat, greift zum Mikrofon und begrüßt neben den Erwachsenen vor allem die Hauptakteure, die Kinder, erfragt ihr Alter, die Schule, von der sie kommen, um dann ihr Zwiegespräch auf Augenhöhe fortzuführen.

Auf die Frage, was sie eigentlich gemacht haben, schnellen viele Finger in die Luft. Die Antwort dürfen die Kinder selbst ins Mikrofon sprechen. „Wir haben unsere Lieblingsorte gezeigt“, „wir haben Orte gezeigt, die gefährlich sind“, „wir haben Bilder gemalt“… „Wisst ihr, wie unser Bürgermeister heißt?“ Darauf sind alle Hände oben. „Dann ruft mal seinen Namen.“ „Daniel Rühl“, schallt es durch den Saal, beim zweiten Versuch sogar noch lauter. Der Bürgermeister zeigt sich beeindruckt: „So freundlich bin ich ja noch nie begrüßt worden. Danke“. Ein vergleichbares Projekt habe es in Camberg bisher nicht gegeben, meint er. Es sind so viele Ideen zusammengetragen worden, so viele Plätze, die auch er selbst noch neu entdecken konnte. Er bedankt sich bei allen Organisatoren, durch deren Einsatz es nur möglich wurde, dass dieser Plan heute vorliegt. Übergreifend steht das Bundesprogramm „Videto“ (Vielfalt, Demokratie, Toleranz) zusammen mit dem Beratungsinstitut Kobra dahinter, zur Umsetzung trugen die Lehrerinnen und Lehrer bei und ganz besonders Matthias Held von der Stadtjugendpflege und Patricia Schubert vom Kinderschutzbund, die mit den Kindern die Ortsteile unter die Lupe nahmen.

„Aber, ihr, die Kinder seid diejenigen, die ihre Geheimtipps verraten haben. Und ihr habt auch schon eine Wirkung erzielt. Es wird nämlich einen neuen Spielplatz geben. Das ist mein Geheimtipp für euch. Jeder bekommt einen Kinderstadtplan. Meinem Sohn Leonard werde ich auch einen geben, der kommt nämlich dieses Jahr in Würges in die Schule. Und mit ihm werde ich alle Gefahrendreiecke suchen. Wie gut, dass ihr die gefährlichen Straßenübergänge markiert habt. Leider sind nicht alle Verkehrsteilnehmer aufmerksam. Es ist so wichtig, dass ihr diese Stellen immer beachtet und dort besonders vorsichtig seid.“ Er übergibt das Mikrofon an Lena Kasper-Scholl. Sie erinnert an die Kinderrechte, das Schutzrecht, das Förderrecht und das Beteiligungsrecht. Kinder sollen erleben, dass sie gehört werden, dass sie sich einbringen und ihre eigenen Lebensbedingungen verbessern können. Erfahrungen mit der Wirksamkeit von Demokratie werden diese Kinder prägen. Bevor die große Leinwand auf der Bühne das Werk quasi „enthüllt“, den Kinderstadtplan in Maxi-Format präsentiert, werden die Kinder quer durch die Reihen noch nach ihren Lieblingsorten befragt. Erstaunlich vielfältig sind die Antworten. Natürlich kommen die Sport- und Kinderspielplätze aller Ortsteile häufig vor, aber auch die Kreuzkapelle oder ein Klettergerüst im Fitnessparcours, der Kräutergarten beim Kurpark oder ein Parkplatz eines Discounters zum Skaten, die Eisdiele am Obertorturm oder der Marktplatz am Donnerstag, weil es da was zum Kaufen gibt. Die Abordnungen der Kinder aus den einzelnen Klassen sind schon bestimmt. Sie bekommen vorab den kleinen Faltplan in die Hand, den sie auf der Bühne an Lena Kasper-Scholl und Daniel Rühl übergeben dürfen. Gleichzeitig erscheinen der Plan und die Bilder der Kinder von dessen Rückseite auf der Leinwand, begleitet von begeistertem Klatschen. Und dann dürfen alle anwesenden Kinder auf die Bühne. Manche haben sich ausdrücklich ein Foto mit dem Bürgermeister gewünscht. Ein tolles Projekt, eine tolle Inszenierung diese „Vernissage““. Strahlen auf den Gesichtern aller Beteiligten und in den Händen der Kinder ein kleines Geschenk und natürlich „ihr Kinderstadtplan“ .