Demokratie ist gar nicht so einfach

Was ist Demokratie? Wo finden wir sie in unserem Alltag wieder? Wie verhalten wir uns in einer Gruppe so, dass wir keinen anderen in seinen Freiheiten beengen? Aufgeweckt, locker und jugendnah bespricht das "Creative Change"-Team gemeinsam den Schülern der Mittelpunktschule Goldener Grund ernste Themen.

Svenja, Fredericke und Farid diskutieren über ihre Geschenkideen für ihren Freund Hakim, der Geburtstag hat. Allerdings bricht diese Konversation in totale Chaos aus. Fredericke verliert sich in ihrer Erzählung und kommt nicht zum Punkt, Svenja ist von ihrer Idee ohnehin schon überzeugt und will die Vorschläge ihrer Freunde gar nicht erst hören und für Farid scheinen Gesprächsregeln ein absolutes Fremdwort zu sein. Am Ende geht die Gruppe im Streit auseinander. Svenja beschließt, ihren Vorschlag ohne die Zustimmung ihrer Kameraden in die Tat umzusetzen.

Sim Dhaliwal, Patrizia Müller und Fabienne Philipp, die dieses Jahr mit "Creative Change" fast 40 Schulen haben, spielen diese Situation den Sechstklässlern vor. Während des Theaterstücks herrscht absolute Ruhe, gebannt hängen die Jugendlichen an den Lippen der Schauspieler — bei Farids Bemerkungen und seinem Verhalten können sich die Kinder allerdings nicht mehr beherrschen und brechen in schallendes Gelächter aus. 

Im Anschluss werden die Verhaltensweisen der Charaktere analysiert, die Schülerinnen und Schüler würden andere Lösungsansätze vorziehen. „Farid sollte lernen sich an Regeln zu halten und vor allem andere aussprechen zu lassen. Er war aufgedreht und konnte gar nicht stillsitzen. Und Svenja war egoistisch, sie hat die Vorschläge von ihren Freunden schlecht geredet, anstatt offen zu sein”, äußert sich eine Schülerin kritisch.

Doch nicht nur Theaterspiele bilden ein Kontrastprogramm zum täglichen Unterricht. Reaktions- und Bewegungsspiele stimulieren vor dem Beginn einer neuen Einheit die Konzentration. Anstelle einer strengen Sitzordnung sitzen die Jugendlichen in einem Stuhlkreis. "Habt ihr eine Idee, was Demokratie ist?" fragt Sim Dhaliwal, der Teamleiter von "Creative Change", in die Runde. „Jeder hat dieselben Rechte, aber auch Pflichten”, ist sich ein aufmerksamer Schüler sicher. Seine Mitschülerin ergänzt: „Jeder hat Freiheiten und darf — sobald er 18 ist — wählen gehen.” Wo machen Kinder ihre erste Erfahrung mit Demokratie? „Naja wir wählen doch die Klassensprecher am Anfang vom Schuljahr. Jeder darf seine Stimme abgeben und seine Meinung sagen.” Über die Aufgaben dieses Amtes diskutiert die Klasse aufgeweckt, denn ein Klassensprecher hat für die einen hohen Stellenwert.

Zu Hause fängt es an 

„Bei uns zu Hause darf ich mitentscheiden, was gekocht wird, wer das Zimmer aufräumen muss oder was wir am Wochenende unternehmen”, wirft Colleen van Hartem ein. Ihre Mitschüler stimmen ihr alle begeistert zu, auch bei ihren Familien herrscht Demokratie. „Wir versuchen den Demokratiegedanken zu fördern, indem wir das Theaterspiel als Werkzeug nutzen, um den Kindern demokratische Inhalte interessant zu vermitteln.”, erklärt Sim Dhaliwal, der seit zwei Jahren ein fester teil des Teams ist. 

In kleineren Gruppen haben die Schüler die Möglichkeit, das theoretische Gerüst der Demokratie in die Praxis umzusetzen: Sie sollen sich in Einzelarbeit überlegen, welche drei Gegenstände sie mit auf eine einsame Insel nehmen würden. Anschließend soll sich in der Gruppe geeinigt werden, welche drei Gegenstände die finale Lösung darstellen sollen. Dabei will natürlich jeder seine eigenen Vorschläge durchsetzen — es wird allen schnell klar: Die Demokratie konsequent zu leben, ist gar nicht so einfach.

Tolle Beiträge

Sowohl Schüler als auch Lehrer sind von dem Projekt begeistert. „Lehrer haben die Möglichkeit, ihre Schüler aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben. Besonders schwierige Kinder blühen richtig auf, sie zeigen plötzlich andere Seiten und überrasche uns mit tollen Beiträgen", berichtet Birgit Brandt.

Auch bei den Kindern kommen die Einheiten von "Creative Change" gut an "Ich fand die Theaterstücke klasse, weil man einen richtigen Einblick hatte, wie das alles aus dem Ruder laufen kann. Die Gruppenarbeiten fand ich auch immer cool. Solche Projekte sollten öfter gemacht werden. Man sollte mehr über Demokratie sprechen und dass jeder eine Würde hat, weil das manche Menschen manchmal nicht beachten,”, findet Colleen van Hartem.